Neue Kuckuckskind - Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Ist eine Mutter verpflichtet, zur Durchsetzung eines Unterhaltsregressanspruchs des sogenannten Scheinvaters geschlechtliche Beziehungen zu bestimmten Personen preiszugeben?
Solange die rechtliche Vaterschaft für ein Kind besteht, muss ein Vater Unterhalt für das Kind leisten. Ficht ein Scheinvater die Vaterschaft für ein Kind erfolgreich an, entfallen die Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den Scheinvater aber rückwirkend. In dem Umfang, in dem dieser bis dahin tatsächlich Unterhalt geleistet hat, gehen die Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den leiblichen Vater auf den Scheinvater über.
Problem dabei: Der Scheinvater kennt den leiblichen Vater in der Regel nicht. Er benötigt also die Auskunft der Kindsmutter darüber, wer als mutmaßlicher leiblicher Vater des Kindes in Frage kommt, um seinen Zahlungsanspruch gegen den leiblichen Vater letztlich durchsetzen zu können. Ein derartiger Auskunftsanspruch des Scheinvaters gegen die Mutter ist gesetzlich nicht geregelt.
Der Bundesgerichtshof (Urt. v. 09.11.2011 – XII ZR 136/09) hat einen gemäß § 242 BGB auf Treu und Glauben gestützten Auskunftsanspruch des Scheinvaters gegen die Mutter in seinem „Kuckuckskind-Urteil“ aus dem Jahr 2011 zuerkannt.
Das Bundesverfassungsgericht sieht dies anders: Es hat mit Beschluss vom 24.02.2015 einen Auskunftsanspruch des Scheinvaters gegen die Mutter verneint. Damit müssen Mütter sogegenannter Kuckuckskinder doch nicht offen legen, mit wem sie Geschlechtsverkehr hatten und wer als biologischer Vater und Unterhaltspflichtiger in Frage kommt.
Zur Begründung führt das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seiner Entscheidung aus, dass die gerichtliche Verpflichtung einer Mutter, zur Durchsetzung eines Unterhaltsregressanspruchs des Scheinvaters, geschlechtliche Beziehungen zu bestimmten Personen preiszugeben, eine schwerwiegende Beeinträchtigung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstelle. Dafür bedürfe es einer hinreichend deutlichen Grundlage im geschriebenen Recht, an der es derzeit fehle.
Bei der Vaterschaftsanfechtung ist generell zu beachten:
Das Gesetzt sieht eine zweijährige Anfechtungsfrist vor, sprich: Die Vaterschaft kann nur innerhalb von zwei Jahren bei Gericht angefochten werden.
Die Frist beginnt mit Kenntnis von allen Umständen des Berechtigten (also des Scheinvaters oder weiterer Anfechtungsberechtigter nach § 1600 BGB), die gegen die Vaterschaft sprechen, nicht jedoch vor der Geburt des Kindes. Die Frist ist eine reine Überlegungs- und Entscheidungsfrist, in der der Anfechtungsberechtigte nachdenken soll, ob er das Kind als ein leibliches Kind akzeptiert oder nicht.
Auch das Kind ist anfechtungsberechtigt. Hat der Vertreter eines minderjährigen Kindes nicht rechtzeitig angefochten, so kann das Kind nach Erreichen der Volljährigkeit die Vaterschaft selbst noch anfechten. Bei einem minderjährigen Kind kommt es regelmäßig auf die Kenntniserlangung des sorgeberechtigten Elternteils an. Sollte das Kind zum Zeitpunkt der Kenntniserlangung über keinen sorgeberechtigten Elternteil verfügen, so beginnt die Frist nicht zu laufen. Wird das minderjährige Kind volljährig, beginnt zu diesem Zeitpunkt die Frist neu zu laufen und somit hat das volljährige Kind, gleichgültig wann es oder die sorgeberechtigten Elternteile Kenntnis erlangt haben, selbst wieder die Möglichkeit, die Vaterschaft anzufechten. Dies wird damit begründet, dass ein volljähriges Kind zu diesem Zeitpunkt über die Reife verfügt, über die Vaterschaft selbst zu bestimmen. Sollte das volljährige Kind zum Zeitpunkt der Volljährigkeit keine Kenntnis von Umständen haben, die gegen die Vaterschaft sprechen, wird wieder auf den Zeitpunkt der eigenen Kenntniserlangung des Kindes abgestellt. Damit kann ein volljähriges Kind unter Umständen erst sehr viel später die Vaterschaft zu seinem Scheinvater anfechten.
Bei Fragen zur Vaterschaftsanfechtung und zum Abstammungsrecht stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Dies ist ein Teilbereich des Familienrechts - Ich bin Fachanwältin für Familienrecht in Offenburg.